Im Zentrum des großen Reichsbürger-Prozesses in Frankfurt steht die Aussage von Heinrich XIII. Prinz Reuß, dem mutmaßlichen Kopf einer rechtsextremen Terrorgruppe. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm und weiteren Angeklagten vor, einen gewaltsamen Umsturz der Bundesrepublik Deutschland geplant zu haben, während Reuß die Vorwürfe vor Gericht nun umfassend bestreitet und die Pläne als irreal darstellt.
Worum geht es im Reichsbürger-Prozess gegen Prinz Reuß?
Die Anklage beschreibt eine detailliert geplante Verschwörung mit dem Ziel, die staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen. Die Gruppe soll sich Ende 2021 formiert haben, verbunden durch die Ideologie der sogenannten Reichsbürger. Diese Bewegung erkennt die Bundesrepublik Deutschland und deren Gesetze nicht an, stattdessen glauben viele Anhänger an den Fortbestand des Deutschen Reiches.
Laut Bundesanwaltschaft fungierte Heinrich XIII. Prinz Reuß als Rädelsführer und Kopf eines zentralen Gremiums, das als „Rat“ bezeichnet wurde. Dieses Gremium sollte nach einem erfolgreichen Umsturz die Regierungsgeschäfte übernehmen, wobei Prinz Reuß selbst als neues Staatsoberhaupt vorgesehen war. Ein bewaffneter „militärischer Arm“ der Gruppe sollte den Umsturz operativ durchführen, wozu unter anderem die Erstürmung des Reichstagsgebäudes in Berlin gehörte, um Abgeordnete und Regierungsmitglieder festzunehmen.
Die Ermittler fanden bei Razzien zahlreiche Waffen und Munition, was die Ernsthaftigkeit der Pläne unterstreichen soll. Der Prozess findet unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in einer eigens dafür errichteten Halle statt und ist einer von drei großen Prozessen gegen das Netzwerk; weitere Verfahren laufen in Stuttgart und München.
Die Verteidigung des Hauptangeklagten vor Gericht
Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt wies Prinz Reuß die schweren Vorwürfe entschieden von sich. Er sei weder ein Terrorist noch habe er eine Terrorgruppe angeführt, denn er habe zu keinem Zeitpunkt gewaltsame Aktionen geplant oder befürwortet. Seine Rolle bei den Treffen des „Rates“ beschrieb er als die eines Moderators, der lediglich als Hausherr fungierte.
Zentral für die Ideologie der Gruppe war der Glaube an eine fiktive „Allianz“, ein angeblich mächtiges, geheimes Bündnis ausländischer Mächte, das den Systemwechsel in Deutschland einleiten sollte. Reuß erklärte vor Gericht, er habe mittlerweile erkannt, dass diese Vorstellung „irreal gewesen ist“ und er sowie andere Angeklagte belogen worden seien. Die Pläne für eine Erstürmung des Bundestags bezeichnete er als wirklichkeitsfremd und gab an, davon keine Kenntnis gehabt zu haben.
Allerdings räumte Reuß ein, einen „unverzeihlichen Fehler“ begangen zu haben, indem er sich mit der Gruppe einließ. Er habe sich bereit erklärt, nach einem vermeintlichen Systemwechsel einen Friedensvertrag mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs zu verhandeln. Diese Fehleinschätzung bereue er heute.
Wie geht das Verfahren weiter?
Der Prozess gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und acht weitere Angeklagte in Frankfurt ist seit Mai 2024 im Gange und wird voraussichtlich noch lange andauern. Reuß‘ detaillierte Aussage wird nun vom Gericht geprüft und mit den Beweismitteln der Anklage abgeglichen. Obwohl er die Umsturzpläne als irreal abtut, bleibt der Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens bestehen.
Die Aussagen werfen ein neues Licht auf die Binnenperspektive der Gruppe, verdeutlichen aber gleichzeitig die Gefahr, die von solchen radikalisierten Netzwerken ausgeht. Das Gericht muss nun klären, wie konkret die Umsetzungspläne waren und welche strafrechtliche Verantwortung jeder einzelne Angeklagte trägt. Das Urteil wird richtungsweisend für den Umgang mit der Reichsbürgerszene in Deutschland sein.
